Newsletter Nr. 133

Liebe Mitchristen, liebe Mitglieder unserer Pfarreiengemeinschaft!

Wieder zum Wochenende – zum Sonntag hin – dürfen wir Ihnen und Euch herzliche Grüße schicken, verbunden mit dem Wunsch, dass es Ihnen und Euch in der zu Ende gehenden Woche einigermaßen gut ergangen ist.

Am vergangenen Wochenende hatten wir nach den Gottesdiensten zu einem Gesprächsaustausch eingeladen.
Wir haben somit Raum eröffnet, dass – wer mochte – seine Eindrücke, Gedanken und auch Fragen zu aktuellen kirchenlichen Themen mit anderen teilen konnte. Die Gespräche waren sehr intensiv und offen. Das hat gut getan. Danke allen, die sich die Zeit dafür genommen haben.

Ein Themenpunkt war die „Reformbedürftigkeit“ der Kirche, von der derzeit so viel zu hören ist.
Prof. Dr. Erwin Discherl, Professor für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Universität Regensburg ist Mitglied unserer Pfarreiengemeinschaft.
Er war bei einem der Gespräche dabei und hat sich im Nachklang bereit erklärt, für den heutigen Newsletter einmal eine kleine Übersicht zum Synodalen Weg zu geben. Dafür danken wir ihm.

Erwin Dirscherl:

Auf die Menschen und ihre Nöte hören, um dem Ruf Gottes glaubwürdig zu folgen:
Der Synodale Weg als notwendiger Prozess der Umkehr und Veränderung

Bei der Synodalversammlung in Frankfurt vom 3.-5.2.22, von der Sie sicher in den Medien gehört oder gelesen haben, war ich mit dabei.
Daher wurde ich um diesen Artikel gebeten, der Ihnen den Synodalen Weg ein wenig vorstellen soll.
Ich wurde 2020 als Berater für das Frauenforum des Synodalen Weges von der Deutschen Bischofskonferenz berufen und arbeite auch an den Texten des Präsidiums mit. Das Forum fragt nach der Rolle und Bedeutung der Frauen in der Kirche und setzt sich für Geschlechtergerechtigkeit und eine stärkere Beteiligung der Frauen in Leitungsämtern der Kirche ein.
Dazu gehört auch das Offenhalten der Frage nach der Zulassung von Frauen zu den sakramentalen Ämtern in der Kirche. Ein entsprechender Text wurde in erster Lesung mit deutlicher Mehrheit angenommen.

Warum ein Synodaler Weg in Deutschland?

Angesichts des schon lange nicht mehr zu leugnenden massiven sexuellen und spirituellen Missbrauchs in der katholischen Kirche beschlossen die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken seit 2020 gemeinsam einen Synodalen Weg zu gehen, um notwendige Konsequenzen daraus zu ziehen.

Auch durch die Leugnung und Vertuschung sexualisierter Gewalt wird die Glaubwürdigkeit der Kirche noch weiter erschüttert.

Der Schutz der Täter und der Institution wurde systematisch praktiziert, anstatt die Opfer zu schützen und ihnen zu glauben.

Eine Institution, die wie die Kirche einen hohen moralischen Anspruch erhebt, ist durch diese Geschehnisse im Kern getroffen.

Eine klare Mehrheit der Bischöfe und Laien ist sich dieser dramatischen Situation bewusst, in der die Kirche sich befindet und will mutige Schritte der Erneuerung wagen.

Wie kann Machtmissbrauch effektiver verhindert werden?

Auf den insgesamt fünf Synodalversammlungen wird im Beisein der Vertreter/innen der von sexualisierter Gewalt Betroffenen ernsthaft um den zukünftigen Weg der Kirche gerungen. Wie kann Leitungsverantwortung auf mehr Schultern verteilt und transparent ausgeübt werden?
Welche Haltung muss das Handeln der Kirche bestimmen:

Klerikale Überheblichkeit und Belehrung oder Zuhören, bei den Menschen sein und wertschätzende Gastfreundschaft?

Papst Franziskus verurteilt immer wieder den Klerikalismus in der Kirche, wenn Amtsträger Macht über andere ausüben wollen und sich für bessere Menschen halten. Es geht beim Synodalen Weg nicht in erster Linie darum, die Kirche zu retten und damit um sich selbst zu kreisen, sondern es geht darum, den Betroffenen des Missbrauchs und allen Menschen mit ihren unterschiedlichen Nöten gerecht zu werden, keinen zu diskriminieren und so Gottes Willen zu erkennen und zu folgen. Daher bitten wir in den Synodalversammlungen immer wieder um die Kraft und Gabe des Geistes Gottes, ohne dessen dynamisches Wirken ein solcher Weg nicht gelingen kann.

Wer sind die Mitglieder der Synodalversammlung?

Die Synodalversammlung mit 230 Mitgliedern ist das oberste beschlussfassende Organ des Synodalen Weges.

Ihr gehören die 69 Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz an (alle Diözesan- und Weihbischöfe), 69 Vertreter des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Vertreter/innen kirchlicher Verbände (z. B. Kolping, Frauenbund, BDKJ, Caritas), sowie weitere Vertreter/innen geistlicher Dienste, Orden und kirchlicher Ämter, junge Menschen und Einzelpersönlichkeiten an.

Hinzu kommen Beobachter/innen aus anderen europäischen Ländern und aus den Schwesterkirchen in Deutschland, aus den evangelischen und orthodoxen Kirchen. Auch der päpstliche Nuntius Erzbischof Eterovic nimmt an den Sitzungen als Beobachter teil.
Und dann gibt es noch Berater/innen aus der Theologie und anderen Wissenschaften, die die Arbeit der Synodalen unterstützen.

Um welche Fragen geht es?

Es gibt 4 thematische Foren:

1) Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag

2) Priesterliche Existenz heute

3) Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche

4) Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft

Wie wird gearbeitet?

Zwischen den Synodalversammlungen tagen die Foren (etwa 40-50 Mitglieder), suchen nach Gemeinsamkeiten in der Verschiedenheit der Positionen und erstellen die Texte und Beschlussvorlagen für die Synodalversammlung.
Unter www.synodalerweg.de sind im Internet alle Dokumente und die Livestreams der bisherigen Versammlungen zu finden, in denen die Ergebnisse der Foren zusammengeführt und abgestimmt werden.
Es gibt für die Grundlagen- und Handlungstexte je drei Lesungen, die der Verbesserung der Texte dienen, kritische Rückfragen aufgreifen und klären.
Für die entscheidenden Abstimmungen bedarf es einer Zweidrittelmehrheit nicht nur der Synodalversammlung insgesamt, sondern auch der Bischöfe und der nicht männlichen Mitglieder der Versammlung.

Gerne erzähle ich Ihnen an einem Gesprächsabend in St. Paul noch mehr von meinen Erfahrungen in der Synodalversammlung,
von intensiven Begegnungen, ernsthaften und offenen Debatten,
von dem gemeinsamen Beten und von viel Hoffnung in der schweren Krise der Kirche in Deutschland.

Vor allem Ordensfrauen wie Schwester Philippa Rath, die auch ein spannendes Buch mit dem Titel „Weil Gott es so will“ über die Berufungserfahrungen von Frauen zum Priestertum und Diakonat veröffentlicht hat, beeindrucken mich zutiefst mit ihren klaren Worten aus einem tiefen Glauben heraus.

Und die Betroffenen, die trotz des Missbrauchs, den sie überlebt haben, in der Kirche bleiben wollen, um sie im Sinne des Evangeliums zu verändern, bestärken mich und viele andere darin, sich ebenfalls weiter einzusetzen.

Das macht Mut! Eine Mehrheit der Bischöfe in Deutschland, die die Dramatik ebenfalls erkannt hat, will diesen Weg der Umkehr und Reformen mitgehen.
Das zeigt auch das mit großer Mehrheit angenommene Votum für die Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften oder für die Beteiligung von Laien an der Wahl des Bischofs.  (Prof. Erwin Dirscherl)

Wir danken Herrn Prof. Dirscherl für seine Ausführungen.

Weil das hier im Newsletter nur ein kurzer Einblick sein kann, laden wir – relativ kurzfristig – am kommenden Mittwoch, 16.02.2022 um 20.00 Uhr zu einem Gesprächsabend in die Pfarrkirche St. Paul ein.

Prof. Dirscherl wird noch grundsätzliches zum Synodalen Weg erklären, mehr von seinen Eindrücken schildern.
Und vor allem wird er auch für Fragen zur Verfügung stehen:
Was möchte ich noch darüber wissen? Was ist mir noch nicht klar?
Wo habe ich eine ganz andere Meinung? Welche Befürchtungen habe ich damit?

Lassen Sie uns ins Gespräch und in echten Dialog kommen!

Schauen wir noch auf die kommende Woche:

  • Samstag/Sonntag:
    • Wir feiern wie gewohnt Gottesdienst. Denken Sie auch an die Möglichkeit zur Gottesdienstteilnahme über Telefonübertragung.
      Paul: 0941-94 584 000 und St. Josef: 0941-94 584 005
  • Am Dienstag, 15.02.
    • Die Erstkommunionkinder aus St. Paul und St. Josef mit St. Johannes treffen sich zum Zoom-Treffen von 16.15-17.15 Uhr.
      Der Link, die Materialien und nähere Infos finden Sie hier.
  • Am Mittwoch, 16.02. laden wir um 20.00 Uhr in die Pfarrkirche St. Paul zum Erlebnisbericht von der Synodalversammlung in Frankfurt unter dem Titel „Kirche im Aufbruch“ von und mit Prof. Dr. Erwin Dirscherl ein.
  • Am Donnerstag, 17.02. trifft sich der Ortsausschuss von St. Johannes.
  • Am Freitag, 18.01. wird die Abendmesse um 18.30 Uhr in St. Paul besonders für die Firmgruppe II gestaltet.

Es ist für viele (Christen) gerade eine Zeit des Umbruchs:
Einige haben Angst, dass sich die Kirche so sehr verändern wird, dass sie nicht mehr die Heimat ist, die so sehr geliebt und gebraucht wird.

Andere empfinden die Diskrepanz zwischen der Frohen Botschaft des Evangeliums und des Handeln der Institution Kirche so schmerzlich,
dass sie nicht wissen, ob sie in der Kirche bleiben können und wollen.

Mit beidem werden wir nicht weiterkommen:
Weder Angst noch Austreten kann etwas bewirken.
Aber wir Christen – auch vor Ort – können etwas tun:
Wir können anfangen, miteinander zu reden; einen wahren und aufrichtigen Dialog suchen.
Und dabei müssen wir nicht immer einer Meinung sein.
Aber die Verkündigung der Frohen Botschaft – in Tat und Wort – muss unser vorrangiges Ziel bleiben.
Vertrauen wir darauf, dass Gott mit seinem Geist bei und ist und uns dabei hilft.

Wir wünschen Ihnen und Euch dieses Vertrauen in SEINE Gegenwart, die sowohl Angst als auch Resignation in Hoffnung und Zukunft wandeln kann.

Seien Sie gesegnet und behütet!
Ihr und Euer Pfarrteam von St. Paul – St. Josef